Die Nacht zum Dreizehnten by Bruckner Dr. Thomas

Die Nacht zum Dreizehnten by Bruckner Dr. Thomas

Autor:Bruckner, Dr. Thomas [Thomas, Bruckner Dr.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-08-05T04:00:00+00:00


VII

Ariane Quenstadt war die Treppen hochgestiegen, die zum Krankenzimmer führten. Im Grunde genommen war sie das Spiel schon leid. Das hatte sie nun davon: Sie mußte Nachtdienst schieben, konnte nicht schlafen gehen, obgleich sie völlig übermüdet war. Sie ging den Korridor hinunter und blieb einen Augenblick vor der Tür ihres Krankenzimmers stehen. Ihr Vater würde sicherlich sehr ungehalten sein, wenn sie ihm berichtete, was hier geschah.

Sie drückte die Klinke hinunter, öffnete die Tür leise und schaute hinein. Das Nachtlicht erleuchtete schwach das Zimmer. Ihre Augen mußten sich erst an das veränderte Licht gewöhnen, ehe sie Einzelheiten wahrnehmen könnte. Sie zog sich einen Stuhl heran, setzte sich ans Bett und betrachtete den schlafenden Patienten. Sein Gesicht sah immer noch schrecklich aus. Sie hatte schon viel gesehen, aber eine solche gräßliche Verunstaltung war ihr nur ein einziges Mal vorgekommen. Und der Patient war dann auch gestorben.

Harald Streiber regte sich. Es sah aus, als ob er die Augen öffnen wollte, aber das bildete sie sich wohl nur ein.

Sie fühlte nach dem Puls: ruhig und gleichmäßig! Aus der Blutkonserve tropfte Blut langsam durch die Glaskugel, die die Menge des zugeflossenen Blutes zu bestimmen erlaubte. Ariane war müde und gähnte ein paarmal. Im Grunde genommen war es Unsinn, diesen Nachtdienst zu machen. Natürlich bedurfte dieser Kranke einer Wache, damit ihm nichts während der Nacht passierte, aber mußte gerade sie das sein …

Sie stand auf und drehte den Quetschhahn, der die Blutzufuhr regulierte, ein wenig fester zu. Der Patient brauchte nicht mehr soviel Blut. Der Kreislauf hatte sich stabilisiert.

Als sie wieder bei ihm Platz nahm, sah sie, daß seine geschwollenen Augenlider halb geöffnet waren und daß er sie anschaute. Sie nickte ihm zu.

»Schlafen Sie nur«, erklärte sie ihm. »Sie sollen sich gesund schlafen. Morgen wird es Ihnen viel besser gehen.« Mit einer zärtlichen Gebärde strich sie leicht über sein verschwitztes Haar.

Es sah aus, als ob ein Lächeln über den unförmigen Fleischklumpen flog, der anstelle des Gesichts auf dem Kissen lag. Aber auch das war wahrscheinlich nur Einbildung. Die starke Schwellung ließ keinerlei Regung des Gesichtes erkennen.

Die Müdigkeit übermannte sie immer mehr. Sie hatte Mühe, die Augen aufzuhalten. Am liebsten wäre sie in das Dienstzimmer gegangen, um sich dort noch eine Tasse starken Kaffees zu bereiten, damit sie wach bliebe … Selbst dazu war sie aber zu müde. Sie konnte nicht die Energie aufbringen, sich zu erheben.

Einmal fiel ihr Kopf auf die Brust hinunter. Die ruckartige Bewegung weckte sie auf. Sie lehnte ihren Kopf nach hinten. Alles war ruhig. Das Dämmerlicht, das den Raum erhellte, verstärkte ihre Müdigkeit nur noch mehr. Noch zweimal kämpfte sie gegen das Schlafbedürfnis. Dann versank alles um sie herum …

*

Der Patient hatte das Bewußtsein wiedererlangt. Seine Lider waren so stark geschwollen, daß er sie kaum öffnen konnte. Er versuchte mit aller Gewalt, sie aufzubekommen und stellte verwundernd fest, daß eine Schwester neben ihm eingeschlafen war.

Er streckte seine Hand aus und wollte die schlafende Schwester an seiner Seite wecken, um zu fragen, was mit ihm geschehen sei. Dann zog er seine Hand wieder zurück.



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